Eine Schule für alle Kinder!

Gedenken und Erinnern an die Verbrechen der Nationalsozialisten in Nord-Griechenland

Zum zweiten Mal hat in diesem Jahr der Schüleraustausch zwischen den Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 10-12 der Integrierten Gesamtschule Delmenhorst und denen dreier Lyceen aus Ptolemaida, Nordgriechenland, stattgefunden. Vom 28. Februar bis 06. März durfte sich die Schule über 12 Jugendliche aus Ptolemaida freuen, welche von drei Lehrkräften begleitet wurden. Programmpunkte waren in diesem Jahr u.a. der Besuch des U-Boot-Bunkers in Farge und ein Online-Meeting mit Jochen Gümbel, einem Nachfahren indirekter Linie des Kriegsverbrechers Ludwig Gümbel, der als leitender Offizier für die Massenmorde in Ermakia, Pirgi und Messovouno im Vermion in Nordgriechenland zuständig war. 

Jochen Gümbel selbst ist in einer liberalen Familie aufgewachsen, ist IT-Vertriebsmitarbeiter und lebt in der Pfalz. Als er seine Familienstammbäume in die Hände bekam, ließen diese befürchten, dass sein eigener Großvater sogar Träger des Blutordens war, deren Träger waren am ersten Putschversuch Hitlers beteiligt gewesen. 

Wie viele seiner Generation dachte Jochen Gümbel lange, dass seine Vorfahren keine Nationalsozialisten gewesen waren, die meisten Menschen hüllten sich in einen Mantel des Schweigens, er musste jedoch zu seinem Leid erfahren, dass sein Großvater einer der ersten Parteimitglieder der NSDAP und ‚Träger des Goldenen Parteiabzeichens‘ und dessen Cousin, Ludwig Gümbel, sogar ein Kriegsverbrecher war, nämlich jener Ludwig Gümbel, der zum Massenmörder in Nordgriechenland wurde. Bei seiner Recherche brachte J. Gümbel vor allem das Alter seiner Vorfahren zum Nachdenken, diese waren damals 17 und 19 Jahre alt, als sie zu den ersten Nazis der Weimarer Republik wurden. Was veranlasst einen Menschen, sich solch einer menschenverachtenden Ideologie zuzuwenden? Wie hätte er selbst damals gehandelt? Wäre er in den Widerstand gegangen und gegen den eigenen Nazi-Vater gehandelt?

Aus heutiger Sicht beantwortet er diese Frage mit einem klaren „Nein“, aber dass dieser Widerstand sehr viel Mut erforderte, wissen wir nicht erst seit den Geschwistern Scholl.

Von diesem Forschen und den Ergebnissen, die zu Jochen Gümbels Erleichterung ergaben, dass die Verwandtschaft nur indirekt vorhanden war und auch Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Nachkriegszeit, also ein Mann, auf den man durchaus stolz sein kann, zu seinen Vorfahren gehört, berichtet er den Schülerinnen und Schülern, die ihn immer wieder mit neugierigen Fragen löcherten. Eindringlich beendete er seinen Vortrag mit dem Appell, solche Dinge nie wieder geschehen zu lassen und deshalb die Erinnerung an diese Verbrechen für immer zu bewahren.